Ziel agiler Methoden ist selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Arbeiten. Konkret für Scrum bedeutet das: Das Team arbeitet nicht sequentiell (Drehen-Sichten-Schneiden), sondern parallel am jeweiligen Inkrement.
Nehmen wir an, dass in der „Definition of Done“ festgelegt wurde, dass die einzelnen Inkremente (Filme) zwar Grafiken mit einschließen, nicht aber Sprachaufnahme und Mischung. Das Produktionsteam besteht also aus Kamera, Ton, Regie, Schnitt, Grafik und Produktionsleitung (=Scrum Master).
Im Vorfeld hat der Product Owner (der/die Redakteur*in) mit Unterstützung aus dem Team, in diesem Fall der Autorin und der Produktionsleitung, das Product Backlog vorbereitet. Dieses Film Backlog, wie es in unserem Fall besser heißen sollte, ist nichts weiter als eine Sammlung der verschiedenen Stories, die Teile des gesamten Films sein sollten/könnten. Geschichten, die drehreif sind, müssen so weit wie nötig konkretisiert sein und liegen oben im Backlog. Erst angedachte, mögliche Stories befinden sich unten und können auch nur aus einem Stichwort („Wacholderernte“) bestehen. Idealerweise ist das Film Backlog physisch vorhanden z.B. in Form eines Bretts, an das die Karteikarten gepinnt werden, auf denen jeweils eine Story notiert ist.
Sprinten – und zwar gemeinsam.
Jeder Sprint beginnt mit der „Sprint-Planung“. Das Team zieht sich die Stories, die es für innerhalb eines Sprints umsetzbar hält, in sein „Sprint Backlog“. Ziel der Planung ist es, dass jedes einzelne Teammitglied das Ziel des Sprints verinnerlicht, dass allen die Vision des Projektes insgesamt und der aktuell umzusetzenden Stories vollkommen klar ist.
Morgens geht es los mit dem „Daily Scrum“. In diesem täglich stattfindenden kurzen Treffen bespricht das Team, was es heute vorhat, was es bereits getan hat und welche Probleme („Hindernisse“) es sieht, um deren Beseitigung sich der Scrum Master kümmern muss. „Team“ bedeutet: OHNE den Product Owner, also OHNE Redaktion. „Team“ bedeutet auch: möglichst das GESAMTE Team, also auch Grafik und Schnitt, einfach damit alle auf dem Laufenden sind und am selben Strang ziehen.
Sobald wie möglich bekommt der/die Editor*in Material und fängt an. Zeiten, in denen die Autorin nicht unbedingt beim Dreh benötigt wird, kann sie unterstützend im Schneideraum anwesend sein.
Bei Drehs außerhalb geht das in Zeiten von Clouds, Dropbox und Zoom auch aus der Ferne!
Insgesamt jedoch gilt, liebe Regisseur*innen: Trust the team! Vertraut darauf, dass alle wissen, wo der Fokus ist. Wer nicht nur auf Anweisung handelt, gibt wertvollen kreativen Input, was dem Film nur guttun kann.
Prüfstein ist das Publikum – und zwar lange vor der Ausstrahlung
Alles, was wir tun, tun wir für die Zuschauer*innen. Sie zahlen Gebühren und haben einen Anspruch auf ein Programm, das ihnen „gefällt“. Es ist daher nur klug, sie so früh wie möglich in den Produktionsprozess mit einzubinden.
Am Ende jedes Sprints stellt daher das Produktionsteam den Film (es können auch mehrere kurze Clips sein) vor und holt sich in einer „Review“, einer Art Abnahme, Feedback von der Redaktion – und von ausgewählten Zuschauern.
Um Massentauglichkeit geht es dabei nicht, im Gegenteil.
Ich denke, wir alle werden überrascht sein, wie viel man dem Publikum zumuten kann.